new trinity and unity | Wo war die anthroposophische Bewegung 1968?


Wo war die anthroposophische Bewegung 1968?

Rückblick eines Beteiligten auf den Beginn des 21. Jahrhunderts

[Dokumentation eines Vorganges. Flugschrift nr.1]

»Wann und wann eher? danach ist nicht zu fragen. Nur Geduld, sie wird, sie muß kommen, die heilige Zeit des ewigen Friedens, wo das neue Jerusalem die Hauptstadt der Welt sein wird; und bis dahin seid heiter und mutig in den Gefahren der Zeit, Genossen meines Glaubens, verkündigt mit Wort und Tat das göttliche Evangelium, und bleibt dem wahrhaften, unendlichen Glauben treu bis in den Tod.«

Schlussgedanke aus: »Die Christenheit oder Europa« (Novalis)

Präludium: Ein gescheiterter Informationsversuch nach vierzig Jahren

In der Wochenschrift DAS GOETHEANUM Nr. 18 ist am 2. Mai ein Themenheft zu »1968« erschienen. Die Redaktion hatte auch mich eingeladen, einen Beitrag nach dem Raster bestimmter Fragen, die sie zusammengestellt hatte, zu schreiben. Vorgegeben waren 1000 Zeichen Textumfang. Bei einer Nachfrage ergab sich mir der Eindruck, dass in der Redaktion keine Kenntnis vorhanden zu sein schien über meine Beteiligung an den Entwicklungen jener Zeit nach der Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und auch keine Kenntnis meines wissenschaftlichen, publizistischen, künstlerischen, wirtschaftlichen und politischen Wirkens aus dem damaligen Ursprungsimpuls der zeitgemäßen Verbindung der durch Rudolf Steiner in das Menschheitswerden eingeführten Idee der »Dreigliederung des sozialen Organismus« mit dem jeweils veränderten Zeitgeschehen [78/80, 88/90, 99/2000, 2001/2008] - in einer nun bereits über vierzigjährigen Kontinuität [mit zahlreichen Projekten bis in die Gegenwart]. Fast möchte man meinen, ich sei den Rechercheuren auf ihrer Suche nach zur »68er«-Generation zählenden »Zeitgenossen« vielleicht nur des Geburtsdatums in der Mitgliederkartei der Anthroposophischen Gesellschaft oder der Freien Hochschule wegen aufgefallen und so zu der Einladung gekommen, auch einen 1000-Zeichen-Beitrag zu dem geplanten Themenheft beizusteuern.

Weil es aber in der Tat ja so ist, dass ich 1968/69 der einzige - damals noch studierende - »revolutionär« gestimmte Anthroposoph war, der - zusammen mit seinem freilich um eine Generation älteren, 1992 verstorbenen Freund Peter Schilinski - mit, auch von so großen Massenmedien wie DER SPIEGEL, DIE ZEIT, die FRANKFURTER RUNDSCHAU und anderen beachteten eigenen Initiativen in der »Außerparlamentarischen Opposition« [APO] jener Jahre aktiv war (Näheres s. nachstehenden Text), schlug ich der Redaktion der Wochenschrift vor, zum Thema »68 und die Folgen« eine Sondernummer ins Auge zu fassen, um eben nicht nur mit den heute so beliebten subjektivistischen »Erlebnishäppchen« über dieses weltgeschichtlich bedeutende Zeitgeschehen zu berichten, sondern aus dem Anlass der mittlerweile verflossenen 40 Jahre in geisteswissenschaftlich verantwortlicher Weise über »das Wesen der Sache« aufzuklären. Denn unter den Bergen inzwischen angehäufter »Erinnerungsliteratur« gibt es bisher nicht ein einziges Beispiel, das dafür herangezogen werden könnte.

Doch die Redaktion wollte diesen Vorschlag nicht aufgreifen. Statt-dessen war ich bereit, für das von ihr geplante Themenheft einen kurzen Text zu verfassen. So entstand »Trotzalledem: Kein Requiem«. Weniger war aus meiner Verantwortung gegenüber dem Thema nicht möglich.

Die Reaktion der Redaktion darauf war, dass sie ultimativ vorbrachte, von dem Text nur zwei von ihr ausgewählte Abschnitte veröffentlichen zu wollen. Natürlich war es für mich völlig ausgeschlossen, dem zu folgen. Ich zog aus dem Dissens den Schluss, für das redaktionsseitig geplante Heft von mir kein Wort beizusteuern. Und mit meinen Mitarbeitern im INTERNATIONALEN KULTURZENTRUM ACHBERG darüber nachzudenken, wie die Leser der Wochenschrift dennoch Kenntnis von dem Text und seinem An-liegen bekommen könnten, einem Anliegen, das ich für die ganze anthroposophische Bewegung - und damit auch für die Anthroposophische Gesellschaft, nicht zuletzt gerade von der Aufgabe der Freien Hochschule her gesehen, wie ich sie verstehe -, für ein fundamentales halte.

Das Nachdenken führte dazu, den Lesern - und allen anderen darüber hinaus Interessierten - die Information über diesen Vorgang und die Sache, um die es geht, auf diesem Weg, also mittels einer Beilage, die man dergestalt auch unabhängig von der Wochenschrift verbreiten kann, zu ermöglichen. Das ist nun freilich mit Kosten verbunden, die ich persönlich allein nicht aufzubringen vermag. Darum bitte ich um Mithilfe bei der Finanzierung. Ein Heft kostet summa summarum € 1,-. Wir haben zunächst eine Auflage von 20.000 Stück drucken lassen. Man kann das Heft bei der auf der Rückseite angegebenen Adresse bestellen und es in eigener Regie in anthroposophischen Zusammenhängen verbreiten. Für [steuerabzugsfähige] Spenden sind dort auch die Bankdaten angegeben.

Christi Himmelfahrt, 1. Mai 2008
Wilfried Heidt

Nachbemerkung: Nachdem die Redaktion der Wochenschrift eine zwei A4-Seiten umfassende Kurzdarstellung des Themas zu veröffentlichen ablehnte, entschloss ich mich im Zusammenhang mit der geplanten Achberger Sommerkonferenz zu einer etwas ausführlicheren Beschreibung meiner und meiner Freunde anthroposophischen Aktivitäten in der 68-er Bewegung, um diese den Lesern der Dornacher Wochenschrift wenn schon nicht mit einem der Sache entsprechenden Text im Heft selbst, so doch alternativ wenigstens mit einer bezahlten 20-Gramm-Beilage zugänglich zu machen. Diese Planung wurde mit der Wochenschrift vereinbart [die Kosten und die erforderliche Anzahl Exemplare des Heftes wurden mir schriftlich mitgeteilt].

Als dann die Komposition des Heftes vorlag, schickten wir es an die zuständige Abteilung der Wochenschrift und gaben es bei der Druckerei in Auftrag. Um den vereinbarten Anlieferungstermin für die Pfingstausgabe der Wochenschrift einhalten zu können, hat unsere Druckerei alle Hebel in Bewegung gesetzt. Als wir schon alles vorbereitet hatten, um das Heft zur vereinbarten Zeit am uns angegebenen Ort anzuliefern, kam zwei Tage vorher von der Wochenschrift per Email ohne Begründung die Nachricht, man werde das Heft nun doch nicht beilegen. Ich antwortete - auch an die Herausgeberin, die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft - mit einem Protestbrief gegen diesen Bruch des Vereinbarten. Weil darauf am folgenden Tag darauf keine Antwort eingegangen war, machten wir uns vormittagsfrüh per PKW mit 9000 Heften von Achberg auf den Weg nach Dornach.

Wir kamen dort pünktlich an und erfuhren von der zuständigen Mitarbeiterin der Abteilung für Anzeigen und Beilagen, dass man - in zwischenzeitlicher Verständigung mit dem Vertreter der Herausgeberin definitiv dabei bleiben wolle, die Beilage nicht zu realisieren. Weil uns trotz allem gar an einem Rechtsstreit nicht gelegen war, beendeten wir diese Erfahrung, was man mancherorts so alles mit dem Begriff »freien Geisteslebens« in Einklang bringen kann, damit, die Hefte einigen anderen anthroposophischen Zeitschriften beizulegen und zwar deshalb, weil mir - trotz der hohen damit verbundenen Kosten - die Mitteilung über den zeitgeschichtlichen Ausgangspunkt dieser Arbeit, die den Beginn einer neuen Dreigliederungsbewegung nach der von Rudolf Steiner inaugurierten und deren »Achberger« Kontinuität bis heute wegen alle denen am Herzen lag und liegt, die bisher nichts oder nur sehr wenig darüber wissen. Vergelts Gott denen, die etwas zur Finanzierung dieses Projektes beigetragen haben.

Wir hielten diese Information an die anthroposophische Bewegung für nötig - unabhängig davon, wie sie aufgenommen werden würde. Denn wir stehen zeitgeschichtlich inmitten von Erinnerungsjahren an Ereignisse des letzten Drittels des 20. und des ersten Jahrzehntes des 21. Jahrhunderts - 1968/69, 1978/79, 1989/90, 1999/2000 und 2008/09 -, ohne deren tieferes Verständnis uns kein Bild dessen zur Verfügung steht, wie sich in diesem dramatischen Geschehen der Gegenwart die Auseinandersetzung zwischen den Intentionen des Zeitgeistes [Michael] und denen des »Dämons des Zeitalters« [Mammons] offenbart und wie wir uns in dieser Auseinandersetzung jeweils »zur rechten Zeit, am rechten Ort für das Richtige« [Steiner, 1. August 1920] positionieren und engagieren können. - Ich bitte auch um Beachtung der anderen aktuellen Texte zu den Achberger Aktivitäten auf diesem Gebiet zeitgeschichtlicher Präsenz im Denken und Handeln.

>> Die Flugschrift als pdf