new trinity and unity | Zur Unterbrechung der Ausstellung


Zur Unterbrechung der Ausstellung

»Besichtigung eines dramatischen Jahrhunderts
1884-[1917-1989]-2019
aus neuer Perspektive«

im Humboldt-Haus des Internationalen Kulturzentrums Achberg

In diesem Jahr 2009, dem Jahr, in welchem sich meh­­rere herausragende Ereignisse des 20. Jahrhunderts - wie die mit den Jahren 1918/19, 1929, 1938/39, 1948/49, 1968/69 und 1989/90 verbundenen - jähren, alles Jahre, deren man bundesweit mit zahlreichen Veranstaltungen gedenkt, hat sich das Achberger Institut für Zeitgeschichte vorgenommen, dieses Jahrhundert mit einer Aus­stel­lung »aus neuer Perspektive« zu beleuchten.

1.

Mit dem Begriff einer »neuen Perspektive« ist gemeint, dass mit zahlreichen Bild-, Ton- und Textdokumenten dazu angeregt werden soll, das 20. Jahrhundert - über das übliche Verständnis seiner kalendarischen Grenzen hinaus - in zwei verschiedenen Zeitspannen zu sehen, durch die man ein »langes« Jahrhundert von einem in dieses eingelagerten »kurzen« unterscheiden kann.

Die Überschrift dieser Kurzinformation gibt den entsprechenden Hinweis: Einerseits reicht die lange Spanne in das 19. Jahrhundert zurück und erstreckt sich, unsere Gegenwart einschließend, bis 2019. Andererseits ist der kurze Abschnitt zwischen 1917 und 1989 als eine Art Kernstück herausgehoben.

2.

Wir wollen damit zwei Faktoren ins Bewusstsein heben, die bisher sowohl der Aufmerksamkeit der offiziellen wie der populären Geschichtsbetrachtung entgehen.

2.1 Zum einen war nämlich seit dem genannten Zeitpunkt [1884] - mit einer gewissen ersten Kulmination in den Jahren 1917 bis 1922 - in den damaligen zeitgeschichtlichen Verhältnissen ein Impuls und eine Idee ins Spiel gekommen, durch welche es, wären sie beachtet worden und in genügendem Maße auf fruchtbaren Boden gefallen, einen völlig anderen Verlauf der geschichtlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts hätte geben können.

Weil diese Richtkraft - es handelte sich um die Perspektive einer neuen sozialen Leitidee, der »Dreigliederung des sozialen Organismus«, die ihren Ursprung im Lebenswerk Rudolf Steiners hatte - sowohl machtpolitisch über­gangen als auch von den Völkern Mitteleuropas und weltweit nicht aufgegriffen wurde, entstanden alle jene Ereignisse, die in ihrer ganzen unvorstellbaren Unmenschlichkeit und Singularität dem 20. Jahrhundert sein Gepräge gaben.

2.2 In dieses Geschehen eingelagert, ergab sich für das »kurze« 20. Jahrhundert aus der Konstellation der aufgetretenen Gegensätze und Konflikte eine Kernfragestellung, die insbesondere nach einer entsprechenden Vorgeschichte - zum einen zwischen 1919 und 1932 und zum andern zwischen 1933 und 1949 - die zweite Jahrhunderthälfte bis 1989/90 beherrschte. Doch wurde diese Fragestellung ebenso ver­drängt und nie wirklich auf die Agenda gerückt, wie dasjenige, auf das in den Jahren zwischen 1884 und 1917/22 als auf den »anthroposophische Sozialimpuls« ebenfalls nicht die Aufmerksamkeit des Zeitbewusstseins gerichtet worden war.

2.3 Beide Unterlassungen hängen nun aber im Inner­sten mit einer übergeordneten Fragestellung zusammen. Ja man kann sagen, dass beides seinem Wesen nach identisch ist und für die Spanne des »kurzen« Jahrhunderts zeitgeschichtlich mit dem Thema eines »dritten Weges« als Alternative zu Kapitalismus und Kom­munismus aufgeworfen war.

3.

Nach unserem Bild von der sozialen Wirklichkeit ist die Kenntnis der mit diesem Blick auf die Ereignisse und Triebkräfte des 20. Jahrhunderts bisher bewusst oder unbewusst übersehenen Zusammenhänge jedoch von größter Bedeutung für das Verständnis dessen, was einerseits unsere jüng­ste Vergangenheit geprägt hat.

Andererseits aber ist diese Kenntnis als Er-Ken­ntnis auch das Vademekum für die Bewältigung der globalen Aufgaben und Probleme unserer Ge­gen­wart und der überschaubaren nächsten Zu­kunft, um den Weg aus den dramatischen Kri­sen unserer Zeit mit einer menschenwürdigen Perspektive für alle Bewohner unserer Erde zu finden.

4.

Um solcher Aufklärung auf die beste Weise dienen zu können, werden wir nach einer Unterbrechung der Ausstellung vom 26. April bis 4. August ab dem 5. August 2009 deren 1. Teil nochmals aufgreifen, weiterführen und die »Besichtigung« des kalendarisch zweiten und dritten Drittels des 20. Jahrhunderts anschließen und aufzeigen, wie die im 1. Teil verfolgte Entwicklung des an­throposophischen Sozialimpulses in den Fragstellungen und Konflikten der folgenden Jahrzehnte durch entsprechende Aktivitäten und Bestrebungen fortgewirkt hat und wie sie sich - mit Perspektive auf das nächste Jahrzehnt - gegenwärtig darstellt.

Vortrags-, Diskussions- und Film-Veranstaltungen - angekündigt mit Plakaten und in der Presse - werden die Ausstellung in der zweiten Hälfte des Jahres ergänzen. Außerdem werden dann spezielle Texte zur Verfügung stehen, die wir am Ende des Projektes in einem Ausstellungskatalog zusammenfassen werden.

Für die Ausstellungsinitiative. Wilfried Heidt

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