new trinity and unity | Zeichen der Zeit - 10-05-2010


Zeichen der Zeit - 10-05-2010

Zum Todeskampf des Finanzkapitalismus

Liebe Leser,

in den letzten Ausgaben der ZdZ wurde darüber informiert, wie aus der Arbeit des Achberger Instituts für Zeitgeschichte versucht wird, mit neuen Ideen an der öffentlichen Debatte über die immer weniger zu verschleiernden Systemkrise des globalen Finanzkapitalismus zu beteiligen. Ich hatte vor zwei Jahren, als die ersten Symptome dafür mit dem Zusammenbruch der ersten Banken in den USA in den Medien ins Gespräch kamen, in zwei Briefen an die Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum - als Mitglied dieser Sektion - angefragt, ob es dort vorbereitete Forschungsergebnisse gäbe, auf die man jetzt zurückgreifen könne und ich regte bei dieser Gelegenheit an, an der Sektion in einem überschaubaren Kreis eine Arbeitsgruppe mit sachkundigen Mitgliedern der Sektion zu bilden, um alle mit dieser Herausforderung verbundenen Fragen zu beraten. Auf meine Anfrage - sie war an Paul Mackay und Ulrich Rösch adressiert - kam keine Antwort.

Jetzt endlich hat man dort für den 18./19. Juni wenigstens eine Veranstaltung zum Thema „Wirtschaft anders denken” mit einigen Referenten anberaumt. Eine bloße Alibiveranstaltung, als könne man mit derartigem auch nur den geringsten Einfluss gewinnen auf die immer mehr sich zuspitzenden Krisenverhältnisse, Entwicklungen, die selbst von den maßgebenden europäischen Politikern, die allesamt durch ihre fatal-falschen gesetzgeberischen Weichenstellungen seit mindestens Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mitschuldig sind an dem, was sie heute beschrieben als einen gesellschaftspolitischen Tsunami, der auf Europa zurolle aus den Machtzentralen der Finanzwelt und jetzt mit weiterhin systemimmanenten Maßnahmen - sogenannten „Schutzschirmen”, „Schutzwällen” und „Schutzschildern” usw. - abgewehrt werden sollen.

1975 und folgende: Das waren die Jahre, als von Achberg ausgehend während eines ganzen Jahrsiebtes in der Geisteswissenschaft gründende Forschungsergebnisse - dann in Abständen bis in die Gegenwart - publiziert wurden. Darunter waren nicht nur Bücher, sondern auch Texte, die, wie zum Beispiel der „Aufruf zur Alternative” Ende 1978 in ihren Weg fanden bis in eine der größten deutschen überregionalen Tageszeitungen und in Publikationen der 1979/80 entstandenen Partei „Die Grünen”. Wir haben damals und bis heute immer darauf hingewiesen, dass diese Bemühungen angesichts der politischen und publizistischen Machtverhältnisse keine Chance haben würden, wenn sich nicht die ganze Kraft der anthroposophischen Bewegung - immerhin in Summa einige hunderttausend Menschen - sich unterstützend damit verbunden würden. Dieser Ruf fand nicht das genügende Echo, in erster Linie deshalb, weil weder das Dornacher Zentrum der Anthoposophischen Gesellschaft noch die Zeitschriften der Bewegung sich dafür öffneten. Ich habe schon damals in der Sektion auf Einladung von Manfred Schmidt-Brabant darauf aufmerksam gemacht, dass die vordringlichste Aufgabe darin bestehe, ausgehend von Steiner die in den folgenden Jahrzehnte auseinandergelaufenen Positionen der anthroposophischen Dreigliedrungsvorstellungen und insbesondere des Wirtchafts- und Geldbegriffes müssten dringende zusammengeführt werden, weil ansonsten nur Verwirrendes publiziert werden müsste und sich niemals ein gemeinsames Wollen als Bedingung für die Wirksamkeit im Zeitgeschehen bilden können. Auch diese Anregung wurde ignoriert. Ich habe dann in meiner Arbeit diesen Versuch alleine unternommen und ihn so gut es mir möglich war zu realisieren versucht. Niemand sonst bis auf den heutigen Tag hat sich mit dieser Aufgabe verbunden. Und so wird wieder alles versanden, was die Freunde jetzt am Goetheanum mit den ihnen Genehmen und dem einen oder anderen Alibigast [Prof. Binswanger aus St. Gallen] veranstalten. Dieser immerhin, dessen Forschungsergebnisse ich in meinen einschlägigen Publikationen Anfang der achtziger Jahre ausführlich zitierte, schrieb anlässlich eines Vortrages in Wien im Dez. 2007, bei welchem ihm zwei meiner Bücher mit Gruß von mir übergeben wurden, einige Zeit danach von zuhause zurück: „Die Wachstumsfrage muss, nachdem sie einmal schon zu recht intensiv diskutiert, dann aber im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, beiseitegeschoben wurde, wieder neu thematisiert werden. Dies gilt insbesondere für die Funktionsweise unseres Geldsystems sowohl im Hinblick auf die sich in Verbindung mit den gegenwärtigen Turbulenzen auf den Kapitalmärkten volziehnde Verlagerung der wirtschaftlichen Macht von West nach Ost als auch besonders im Hinblick auf die sich verschärfende Umweltkrise. In diesem Zusammenhang sind auch die Bücher von Wilfried Heidt sicher noch aktueller geworden.”

Vonseiten der Dornacher Sektion kam gegenüber allen meinen Publikationen und Initiativen niemals ein Echo, weder Interesse noch Kritik - nur Ignoranz. Damit steht die dortige Institution und ihre Verantwortlichen freilich nicht allein. Während es andere Menschen gab und gibt, die sich oft Dutzende meiner Publikationen für Geschenke beschaffen, gibt auch unter den Empfängern der ZdZ welche, die sich nicht anders verhalten haben und verhalten.

Obwohl jeder objektiv Interessierte, der die Dinge prüft, wird nicht leugnen können, dass es nichts einschlägig Relevanteres als dies gibt. Das gilt auch für die Beiträge zu der aktuellen Debatte, die wir im Internet mit dem Projekt „Der große Ratschlag” führen. Der Ausgangspunkt ist dabei immer eine Debatte im Anschluss an Veröffentlichungen in Tageszeitungen [z.B. TAZ und SZ]. Auf unserer Homepage www.volksgesetzgebung-jetzt.de/blog/de./der-grosse-ratschlag sind auch die Seiten der Zeitungen angegeben, auf denen unsere Debatten-Beiträge veröffentlicht sind. Leider tut sonst niemand aus der anthroposophischen Bewegung Vergleichbares. Hier brät man lieber in seinem eigenen Saft und ist sich selbst genug.

In der ganzen Debatte ist bisher werde im Internet, noch in der Printpresse, noch im Radio noch im Versehen noch in der Politik bis heute eine Idee aufgetaucht, mit welcher man dem Schlamassel, das der Finanzkapitalismus angerichtet hat, erfolgreich auf den Pelz rücken könnte. Nichts. Nur was von unserer Seite bisher ins Spiel gebracht wurde zeigt die Perspektive einer Systemalternative - entgegen dem ständigen Geschwätz von all jenen, die behaupten, es gäbe zu ihren Vorstellungen und ihren Maßnahmen [„Mechanismen"] „Keine Alternative.” Wenn jemand meint, ich würde mit diesem Urteil etwas übersehen, dann möge man mir das mittielen. Ich würde mich freuen, wenn ich nicht recht hätte.

Doch auch der Achberger Input wird nur die größere öffentliche Aufmerksamkeit finden können, wenn er viel stärker als bisher durch die Beteiligung vieler an dieser Debatte unterstützt wird. Ich kann deshalb nur noch einmal alle, die diese Zeilen lesen werden, bitten, sich mit Beiträgen an diesem Prozess zu beteiligen. Es wird sich herausstellen, dass es dazu wirklich keine Alternative gibt. Auf der angegebenen Webseite kann man sich kundig machen, wie’s „funktioniert”.

Schließlich: Die beste analytische Beschreibung über die systemimmanenten ursächlichen Zusammenhänge der vom Finanzkapitalismus erzeugten Krisen an allen gesellschaftlichen Fronten ist am Sonntag in einer halbstündigen Morgensendung des Deutschlandfunks gekommen. Wir haben sie auch auf unsere Seite gestellt und werden sie in Kürze kommentieren, um zu zeigen, inwiefern auch dieser Verfasser bei aller Güte seiner Analyse in der frage der Therapie noch im Dunkel tappt. Man das Gespräch des DLF ausdrucken mit der Adresse http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/1178969.

Mit besten Grüßen
Wilfried Heidt

Dazu ein Antwort-eMail von Gerhard Schuster:

Lieber Wilfried,

es wird die Zeit kommen müssen, wo endlich hingesehen wird, auf das, was nicht nur jetzt wie ein aufgescheuchtes Huhn mit seinen verkümmerten Flügeln schlägt, weil der Fuchs über den Hof streicht, sondern dorthin, wo wirklich ernst gemacht wurde mit der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners und daher überprüfbare Arbeitsergebnisse vorliegen, die wirkliche Arznei sind für die Krisen-Krankheit.

Gerhard