Internationale Rudolf Steiner Gesellschaft [i.Gr.]
27. Februar 2011: Auf dem Weg zur
INTERNATIONALEN RUDOLF STEINER GESELLSCHAFT
Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit
ist die wahre Kommunion des Menschen.
Rudolf Steiner, 1887
1. In diesen Tagen wurde auch in vielen Presseorganen und Sendern des Radios und Fernsehens an den 150. Geburtstag Rudolf Steiners erinnert. Als er am 30. März 1925 in Dornach/Schweiz am von ihm gegründeten Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft, der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft GOETHEANUM, starb, war das in einer weltgeschichtlich dramatischen Zeit und inmitten eines Höhepunktes seines Wirkens. Eines Wirkens, mit welchem er schon in jungen Jahren als Student der Natur- und Literaturwissenschaft in Wien begann und mit der Begründung einer neuen, postmaterialistischen Geisteswissenschaft [Anthroposophie] zu einer in der Moderne unvergleichbaren Universalität im Denken und Handeln weiterführte. Auf dieser Grundlage entstand dann mit vielfältigen konkreten Konsequenzen für die individuellen wie für die gesellschaftlichen Lebensgebiete die weltweite anthroposophische Bewegung.
2. Dieses singuläre Lebenswerk liegt nun seit gut einer Generationen auch literarisch in einer Gesamtausgabe und mit vielen Einzelpublikationen vor. Und für viele Schülerinnen und Schüler Steiners sind seit mehr als einem Menschenalter auch zahlreiche Sekundärschriften und Beispiele künstlerischen Schaffens Anregung geworden. Außerdem wirken inzwischen weltweit zahlreich kulturelle wie wirtschaftliche Arbeitsstätten und außerparlamentarisch-politische Initiativen aus geisteswissenschaftlicher Grundlage. Dennoch findet all dies weder in den etablierten Wissenschaften noch im öffentlichen, z.B. medial vermittelten Informationswesen bisher die ihm angemessene sachliche Beachtung.
3. Als ein Grund dafür kann u. a. die Tatsache erscheinen, dass es in der anthroposophischen Bewegung selbst, also in den Reihen derjenigen Menschen, die auf ihrem Lebensweg und in ihrem Wirken in der Welt wesentliche Anregungen durch Rudolf Steiners Werk oder durch von diesem inspirierte Zeitgenossen empfangen haben, bisher keine befriedigende »kollegialische Zusammenarbeit« und nur wenig »gemeinsames Wollen« [Zitate Steiner] bzw. keine entsprechende Anerkennung, wechselseitige Beachtung und vorurteilsfreies Interesse für die Arbeit von jeweils Andersdenkenden gibt. Allzu häufig überwiegt Ignoranz, abwertende Kritik, eher oberflächliches Wahrnehmen, Geringschätzung und allzu schnelles Aburteilen und Schubladisieren dessen, was der eigenen Sichtweise entgegen steht oder zu widersprechen scheint - Folgen des Mangels an aktiver Toleranz im Erkenntnisprozess.
4. Schließlich wird seit geraumer Zeit von Menschen wohl hauptsächlich der mittleren Generation in unterschiedlichsten intellektuellen Erscheinungsformen dem Werk Rudolf Steiners - in Reaktion auf das, was man »Steinerianismus« oder »Versteinerung« nennt - in der Weise begegnet, dass man von der Vorstellung her sagt, es sei an der Zeit, eine »eigene Anthroposophie« zu entwickeln. Vielleicht aus der Vorstellung, dergestalt nicht mehr mit dogmatisierenden und sektiererischen Tendenzen, die es eben leider auch in dieser Geistesströmung gibt, in einen Topf geworfen zu werden?
5. All dies könnte jedoch unserer Erfahrung nach seine Ursache nicht zuletzt auch darin haben, dass in der anthroposophischen Bewegung wie in der Kulturwelt Steiners Werk selbst oft zu selektiv und zu wenig aufmerksam studiert wird. Deshalb will die Initiative zur Gründung einer INTERNATIONALEN RUDOLF STEINER GESELLSCHAFT [IRStG] dazu beitragen, dass dieses Werk in seiner Gänze wahrgenommen und von denen, die es aus ihren persönlichen Gründen für ihren Lebensweg und ihr Wirken in der Welt orientierend aufgegriffen haben werkgetreu so gepflegt wird, dass es beitragen kann, das Fundament für die Zusammenarbeit in der anthroposophischen Bewegung und darüber hinaus auch mit anderen Strömungen unserer Zeit zu verbessern - im Blick auf gemeinsam zu verfolgende Willensziele für ein weltumspannendes menschenwürdiges Leben in Gegenwart und Zukunft.
6. Aber auch unabhängig von einer solchen Intention will die IRStG in der Art von Gesellschaften tätig werden, die mit ihrer Arbeit beispielsweise dem Werk eines bedeutenden Philosophen, Dichters, Komponisten, bildenden Künstlers oder Wissenschaftlers verpflichtet sind, um dieses seiner Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft wegen im Bewusstsein der Menschheit wach zu erhalten oder überhaupt erst in die Wahrnehmung zu rücken und mit den jeweiligen Zeittendenzen zu konfrontieren, ohne dass man als Mitglied der Gesellschaft sich zugleich als Anthroposoph verstehen müsste.
7. Wie eine solche Aufgabe in ihren Einzelheiten in einer Konstitution dieser Gesellschaft sich darstellen könnte, möchten wir gerne mit all denen beraten, die in dieser Aufgabe, sich für das Werk Rudolf Steiners zu engagieren, auch etwas Berechtigtes und Zeitgemäßes sehen können und ihre Fähigkeiten eigenverantwortlich und kommunikativ einbringen wollen.
Im Sinne dieser Aufgaben versteht sich die Initiative als Ergänzung zu bestehenden Institutionen der anthroposophischen Bewegung. Sie wünscht die Zusammenarbeit mit allen, die auf ihre Weise auch am Werk Rudolf Steiners interessiert sind, es achten, es im eigenem Umgehen damit authentisch verstehen und sein Potential für eine menschengemäße Weltentwicklung prüfen und bei positivem Resultat fördern wollen.
Wer sich am Beraten dieses öffentlichen Projektes unter den beschriebenen Prämissen beteiligen möchte, den bitten wir um Mitteilung an die Adressen wilfried.heidt@kulturzentrum-achberg.de oder gerhard.schuster@wiege.at.
Achberg/Wien, 27. Februar 2011