new trinity and unity | Direkte Demokratie: 1789 - 1989


Direkte Demokratie: 1789 - 1989

INTERVIEW MIT WILFRIED HEIDT
von Wolfgang Weirauch, Flensburger Hefte Nr. 25, Sommer 1989

Flensburger Hefte Nr. 25

Vorbemerkung zur Wiederveröffentlichung des Interviews auf www.wilfried-heidt.de - September 2008

Das von Wolfgang Weirauch sehr gut vorbereitete Interview gab mir im Frühjahr 1989 Gelegenheit, zusam­men­­fassend über das zu sprechen, was seit dem Beginn der Initiative für die dreistufige Volks­gesetz­ge­bung 1983 in der von wenigen Personen gebildeten »Arbeitsge­meinschaft Demokratie und Recht« an Erkenntnissen über die verschiedenen Aspekte der direkten Demokratie gewonnen worden war. Da­durch wurde eine Dar­stel­lung möglich, wie es sie in dieser Form zuvor weder in histo­rischer noch in systematischer Zu­sammen­schau gegeben hatte.

Der einzige »Schön­heitsfehler« der Publikation bestand darin, dass das Interview unter dem mit mir nicht ab­ge­spro­chenen Ti­tel »Der freie Mensch die einzige Quelle des Rechts!« erschien. Damit war eine Aussage for­muliert, die nicht jenen Einsichten entsprach, welche ich im Interview vermitteln wollte. Ein der Sache ange­messener Titel hätte lauten können: »Das freie Volk - die einzig legitime Quelle des Rechts!«

Außerdem ist für das Verständnis der aktuellen Situation, in welcher im April 1989 das Interview gegeben wurde, wichtig zu wissen, dass über den zeitgeschichtlich entscheidenden Kontext dieser Monate nicht offen gesprochen werden konnte:

Für den Fall, dass der Bundestag die Forderung unserer Petition vom 23. Mai 1987 , zum 40. Jahrestag der Gründung der BRD eine Volks­ab­stimmung über die Ausgestaltung des Grund­gesetz-Artikels 20,2 durch die dreistufige Volks­ge­setz­gebung entsprechend einem Gesetz­entwurf der »Initiative Volksentscheid zum 23. Mai 1989« durch­zuführen, abgelehnen würde, setzten wir ab Anfang 1988 eine 500-Tage-Aktion in Gang, um mit einem »Stimmbrief« eine solche Abstimmung selbst­orga­nisiert zu veranstalten - wohl­wissend, dass wir trotz der Originalität dieses Unterfangens ohne die Unterstützung der Massen­medien nur einen ge­ringen Bruchteil der Bevölkerung erreichen würden. Immerhin konnten mehr als 2 Millionen »Stimm­briefe« von ca. 20.000 Akti­ven in Umlauf ge­bracht werden, von de­nen etwa 10%, von Stimm­be­rech­tigten ausgefüllt, postalisch zu­rückflossen.

Um diese begrenzte Möglichkeit zu er­weitern, kamen wir schon 1987 auf den Gedanken, ein paralleles Pro­jekt auch zum 40. Gründungstag der DDR, dem 7. Oktober 1989, zu initiieren. Es ist der Dar­stellung an­dernorts vorbehalten, davon zu berichten, was in den entscheidenden Monaten dieses Jahres bis zum 9. 11. und den Wochen danach aus diesem Versuch geworden ist (siehe u.a. »Wei­ma­­rer Memoran­dum« auf www.wirsinddeutschland.org/dokumentation.htm).

Innerhalb der von uns damals verfolgten Strategie war mit diesem Projekt, das am 17. Juni 1989 in mehreren Städten der DDR gleichzeitig starten sollte, in erster Linie die Erwartung verbunden, dass im Falle seines Ge­lingens die Massenmedien des Westens ausführlich darüber berichten würden; und davon erhoff­ten wir uns eine starke Belebung des Gedankens der direkten Demokratie in der Bun­desrepublik (Näheres zu diesen Überlegungen a. a. O.). Dieses Parallelprojekt konnte in der DDR aber nur vorbereitet werden, wenn es vor dem 17. Juni nirgends bekannt war, andernfalls die verdeckt be­triebenen Vorbereitungen natürlich sofort von der Stasi zerschlagen und die subversiven Aktivitäten der westdeutschen Mitglieder der Projektgruppe, die für das Gelingen des Unternehmens unerlässlich waren, konsequent unterbunden wor­den wären. Folglich konnte auch in dem Interview davon nicht konkret berichtet werden.

Für das Gesamtbild der Verläufe des Revolutionsjahres 1989 ist es jedoch notwendig, um diese Zu­sam­men­hänge zu wissen. Auch weil dieses Jahr 1989 in gewisser Weise einerseits das Schicksalstor des 20. Jahr­hunderts schloss, andererseits zugleich den Vorhang zur Bühne des 21. Jahrhunderts öffnete, auf der wir jetzt mit den Folgen dieses epochalen Ereignisses zu leben und umzugehen haben - wovon aber in den zeitge­schichtli­chen Betrach­tungen der Gegenwärtigen bisher nichts wirklich Er­hellendes zu finden ist -, wird mit der genannten Dokumentationsseite diese Lücke zu schließen ver­sucht, indem dort die bisher nur we­ni­gen bekannten Informationen einem größeren Kreis Interes­sierter zur Verfügung stehen. Weiters sei hier darauf verwiesen, dass die Idee der dreistufigen Volksgesetzgebung auch auf europäischer Ebene eine Forderung der Zeit ist. Auf www.impuls21.net findet man dazu ein aktuelles Projekt mit der Möglichkeit sich durch seine Willensbekundung zu beteiligen.

Wilfried Heidt

>> Zum Interview [PDF]